Karl-Heinz Exner, Krippenbaumeister
 

virtuelle Krippenausstellung
 

Die besondere Krippe

Im Rahmen der virtuellen Krippenausstellung soll auch eine Krippe gezeigt werden, die nicht von Herrn Exner gestaltet wurde. Die Künstlerin ist Berta Kals, deren Wirken mit dieser Internet-Seite besonders gewürdigt werden soll. Mit Frau Kals verbindet Herrn Exner eine lange und tiefe Krippen-Freundschaft. Sie ist eine Künstlerin, die das heutige Zeitgeschehen in der Krippe widerspiegeln läßt. Zunächst soll Berta Kals kurz vorgestellt werden:

Und was wäre, wenn Jesus in unseren Jahrzehnten und unserem Europa noch einmal Menschengestalt annähme? Wo würde dann heute wohl seine Krippe stehen? In der Penthaus- oder der Sozialwohnung? Im Prominentenviertel oder in der Arbeitervorstadt? Es gibt nur wenige Krippenkünstler, die sich mit diesen Gedanken beschäftigen. Foto B. KalsAnders Berta Kals. Nach christlicher Glaubensüberzeugung ist der auferstandene Christus immer bei uns und teilt unseren Alltag. Viele Generationen haben gelernt, sich in kritischen Lebenssituationen zu fragen: Was würde Jesus dazu sagen? Wie würde er sich an meiner Stelle verhalten? In was für eine Welt würde der Friedensfürst hineingeboren? Solche Fragen sind der Schlüssel zu den Krippen von Berta Kals. Sie hat die Krippe und die Weihnachtsgeschichte aus dem Klischee des Niedlichen und Nostalgischen gelöst und sie mit unserer Wirklichkeit konfrontiert. Ihre modernen Krippen erzählen nicht nur die Weihnachtsgeschichte, sondern übersetzen sie in unsere Alltagswirklichkeit und deuten sie. Darstellungen, die sich mit unkonventionell eingesetzten, traditionellen Zitaten um die Aktualisierung der Weihnachtsbotschaft bemühen.

Vor gut 15 Jahren hörte die Künstlerin im Fernsehen auf dem Höhepunkt des kalten Krieges einen Experten über die neuesten Schätzzahlen des „Overkills" sprechen. Zahlen, eingestreut ins alltägliche Einerlei, zwischen der Werbung für das weißeste Weiß aller Zeiten und dem Tabellenstand der Oberliga das apokalyptische Grauen. „Schätzungsweise dreißigmal können die Menschen sich jetzt umbringen, und immer noch haben sie nicht genug. Welche Ironie steht doch hinter solchen Vernichtungsmeldungen, als ob die Sicherheit eines Geschöpfes dadurch größer würde, daß es sich und die ‚Brüder jenseits des Flusses‘ einmal, zwei- oder dreißigmal sterben lassen kann." Eine Vorstellung, die der Mutter von drei erwachsenen Kindern absurd erscheint und nachhaltig erschüttert. „Da sitze ich, modelliere Engelchen, die lustig musizieren und vom Frieden auf Erden singen. Und gleichzeitig bereiten die Bewohner dieser schönen Erde sich milliardenfachen Tod. Was würde Jesus wohl zu dieser ‚Verteidigung‘ sagen?"

Foto Krippe B. KalsMit ihren Mitteln möchte Berta Kals, die viele Bombennächte erlebt und viel Elend gesehen hat, warnen. Die in dem Eifelort Steckenborn geborene wertkonservative Katholikin betont: „Ich bin keine politische Frau, ich sehe das vom christlichen Standpunkt aus." Aber sie hat Mut zu unkonventionellen Ideen und tut etwas. Sie setzt sich an den Küchentisch und schafft zeitkritische Krippen. In ihrem Brennofen glühte bei 900° C die „Raketenkrippe", für jeden der dreißig Weltuntergänge hat sie eine Rakete aus Ton modelliert, die das Jesuskind bedroht, das sich angstvoll verkrampft und die Augen zuhält. Die moralische und geistige Zerstörung unserer Welt, die das Gewaltdenken wechselseitiger Abschreckung angerichtet hat, wird durch das Trümmergestein ausgedrückt, auf dem das weinende Kind liegt. Es folgen Krippen zum Problem des Nord-Süd-Gefälles, zur Gefährdung der ökologischen Umwelt, eine „Krippe im Slum" oder die „verweltlichte Weihnacht", die das zarte Kind unter einem Geschenkberg begräbt. Rund 50 aktuelle Krippen sind entstanden. Darstellungen, die mahnen, aber keine Hoffnungslosigkeit ausstrahlen, denn da sind immer wieder die Kinder, die den Erwachsenen beispielhaft zeigen, was es heißt, friedvoll in einer Welt miteinander zu leben.

Anfangs war Frau Kals Ehemann skeptisch: Solche Krippen stellt doch keiner auf. Dafür ist die Öffentlichkeit noch nicht reif. „Dann muß man eben mithelfen, sie reif zu machen", beharrte sie damals. Sie sollte recht behalten. Heute reisen die im bescheidenen „Küchenatelier" entstandenen Tonkrippen um die Welt, sind in den USA, Südamerika, Afrika und in fast allen euopäischen Ländern zu sehen. Sie stehen in der Kathedrale von Conventry und in mehreren Museen. Sie werden in Kirchen gezeigt, dienen als Kristallisationspunkt in Gottesdiensten und ökumenischen Begegnungen. Sie haben Preise bekommen, darunter den Preis für Berufskünstler vom Bischof von Lüttich auf der Krippana und den „Bischof-Heinrich-Tenhumberg-Preis für vorbildliches Krippenschaffen".

Die Symbolik einer scheinbar naiven, doch zuletzt mitreißenden Hoffnungsfähigkeit löst kontroverse und leidenschaftliche Diskussionen aus. Manche der Visionen in Ton haben sich erfüllt. So die beiden 1982 modellierten „kalten Krieger" der „Entscheidungskrippe", ein amerikanischer und russischer Soldat, die Arm in Arm zur Krippe kommen und im Helm gemeinsam eine Friedenstaube tragen. Das Wort von der frommen Erbauung der Christen bekommt eine neue Bedeutung. Friede auf Erden all denen verheißen, die guten Willen haben. Das kann in unseren Tagen geschehen. Berta Kals hat einen neuen „Ton" angeschlagen. Sie glaubt: „Weihnachten als Geburtsstunde des Christentums könnte Anstoß sein, einen neuen Anfang zu wagen".

Heide Muth

 

Literatur: Ursula Kals, Anne-Marie Nagel: Mitten ins Herz gepredigt. Freude an Krippen. Aachen 1995

 


 

Krippe '84

Weit breitet das göttliche Kind

seine übermenschlich langen Arme aus.

Allen hat es sich geöffnet.

Alle sind zu seiner Krippe geladen:

Südamerikas Millionen

Indiens Völker

Afrikas Stämme

Chinas leiderfahrene Erben uralter Kultur

die Übersatten der High-Tech-Staaten,

die neben verdorrten Wäldern und vergifteten Flüssen prassen

die entmündigten Massen unserer Orwell-Staaten

die joblosen Millionenheere, von Computern und Industrierobotern ihrer Arbeit und ihrer Würde beraubt

die Gastarbeiter, die in der seelischen Verbannung trauern

die von Hungersnot und Folter Bedrohten,
die wir Asylanten nennen

die Trinker

die Fixer

die Gefangenen aus allen Menschenkäfigen
einer brutalisierten Welt

Wir – schlagen Seine Einladung aus

Wir – haben Ihm die Arme abgehauen, mit denen Er uns Hilfe bot

Wir – haben Ihn ans Kreuz unserer Atomraketen geschlagen

 

Quelle: Kals, Hans:
Es geschah in unseren Tagen.
Die Krippen der Berta Kals. 1990

 

 

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