Karl-Heinz Exner, Krippenbaumeister
Ob Ton oder Wachs, Holz oder Stoff, aus den unterschiedlichsten Materialien entstehen Krippen. Vielfach drücken Krippenbauer damit ihre Gefühle des näheren oder weiteren Umfeldes aus. Oft spiegeln die verwendeten Materialien ihre Heimat wieder. Einige Beispiele:
Krippen der
Aachener Künstlerin Berta Kals:
Sie möchte in ihren Krippen auf die
Probleme in dieser Welt aufmerksam machen.
Die
Elektronikschrottkrippe der Gemeinnützigen Werkstätten Neuss:
Sie soll
auf unsere Wegwerfgesellschaft aufmerksam machen.
Die Italienerkrippe:
Krippenfreunde aus der Gegend von Bergamo stellen die Geburt unseres
Herrn in ihrer jeweiligen Heimat dar.
Fränkische
Krippen:
Sie spiegeln in ihrer Fachwerkbauweise und ihren Trachten
unsere fränkische Heimat wieder.
Afrikanische
Krippen:
Material und Aussehen der Figuren bestimmt die Heimat de
jeweiligen Schnitzers.
Alle sollen die Geburt unseres Herrn oder die damit verbundenen Ereignisse wiedergeben und verdeutlichen.
Sage, wo ist Bethlehem?
Wo die Krippe? Wo der Stall?
Musst nur gehen,
musst nur sehen,
Bethlehem ist überall.
Sage, wo ist Bethlehem?
Komm doch mit! Ich zeig es dir!
Musst nur gehen,
musst nur sehen,
Bethlehem ist jetzt und hier.
Sage, wo ist Bethlehem?
Liegt es tausend Jahre weit?
Musst nur gehen,
musst nur sehen,
Bethlehem ist jederzeit.
Sage, wo ist Bethlehem?
Wo die Krippe? Wo der Stall?
Musst nur gehen,
musst nur sehen,
Bethlehem ist überall.
Datierung: 19.Jahrhundert
Künstler: G. Fugel
Druck: Kunstanstalten Josef Müller, München
Verarbeitung: Wilhelm Müller, Jülich
Leihgeber: Karl-Heinz Exner
Entstehungsjahr: ca. 1990
Figur: ca. 0,5 m
Material: Ton
gefertigt: unbekannter Künstler, Peru
erworben im Fair-Handel in Münster Schwarzach
Ein Fatschenkind oder gut bayerisch „Fatschenkindl" ist ein gewickeltes („eingefatschtes") Jesuskind. Kopf, Hals und Schultern sind fast immer aus Wachs; Hände und Füße nicht notwendig, da der Körper mit Stoffbändern umwickelt und mit kostbaren Stoffen, Spitzen und Borten überzogen ist. Drahtarbeiten, Perlen und anderer Schmuck dienen als Verzierung. Meist sind die Fatschenkinder auf ein Kissen, in eine Spanschachtel oder in einen Glasschrein gebettet.
Diese Jesuskinder wurden zur Weihnachtszeit vor allem in Frauenklöstern gefertigt. Dort war seit dem Mittelalter der sehr persönliche und liebevolle Umgang mit dem Jesuskind zur spezifisch weiblichen religiösen Erbauung ganz selbstverständlich. In vielen alpenländischen Familien sind die Fatschenkindl auch heute noch der Mittelpunkt des Weihnachtsfestes. Einer alten Tradition folgend werden die Fatschenkinder in der Vorweihnachtszeit von Hof zu Hof getragen, ehe dann im großen Kreis, um das Fatschenkindl versammelt, das Weihnachtsfest gefeiert wird.
Beschreibung:
Passionskrippe aus der Gegend von Oberösterreich (Steyr, Garsten)
Stilrichtung: orientalisch
Entstehungsjahr: 1998
Material: Holz, Styrodur, Stoff
Figuren: 6 cm, von Josef Seidl, Garsten,
Oberösterreich
Diese Loahmmandel-Passionskrippe entstand innerhalb meines
Krippenbaukurses in der Werkstatt von Josef Seidl in Garsten bei Steyr
(Österreich) vom 20. bis 25. Juli 1998. Sie stellt in einem Zyklus von 8
Szenen das Leiden und Sterben Jesus Christus dar.
Mit Berta Kals verbindet Herrn Exner eine lange und tiefe Krippen-Freundschaft. Sie ist eine Künstlerin, die das heutige Zeitgeschehen in der Krippe widerspiegeln lässt. Zunächst soll Berta Kals kurz vorgestellt werden:
Und was wäre, wenn Jesus in unseren Jahrzehnten und unserem Europa noch einmal Menschengestalt annähme? Wo würde dann heute wohl seine Krippe stehen? In der Penthaus- oder der Sozialwohnung? Im Prominentenviertel oder in der Arbeitervorstadt? Es gibt nur wenige Krippenkünstler, die sich mit diesen Gedanken beschäftigen. Anders Berta Kals. Nach christlicher Glaubensüberzeugung ist der auferstandene Christus immer bei uns und teilt unseren Alltag. Viele Generationen haben gelernt, sich in kritischen Lebenssituationen zu fragen: Was würde Jesus dazu sagen? Wie würde er sich an meiner Stelle verhalten? In was für eine Welt würde der Friedensfürst hineingeboren? Solche Fragen sind der Schlüssel zu den Krippen von Berta Kals. Sie hat die Krippe und die Weihnachtsgeschichte aus dem Klischee des Niedlichen und Nostalgischen gelöst und sie mit unserer Wirklichkeit konfrontiert. Ihre modernen Krippen erzählen nicht nur die Weihnachtsgeschichte, sondern übersetzen sie in unsere Alltagswirklichkeit und deuten sie. Darstellungen, die sich mit unkonventionell eingesetzten, traditionellen Zitaten um die Aktualisierung der Weihnachtsbotschaft bemühen.
Vor gut 15 Jahren hörte die Künstlerin im Fernsehen auf dem Höhepunkt des kalten Krieges einen Experten über die neuesten Schätzzahlen des „Overkills" sprechen. Zahlen, eingestreut ins alltägliche Einerlei, zwischen der Werbung für das weißeste Weiß aller Zeiten und dem Tabellenstand der Oberliga das apokalyptische Grauen. „Schätzungsweise dreißigmal können die Menschen sich jetzt umbringen, und immer noch haben sie nicht genug. Welche Ironie steht doch hinter solchen Vernichtungsmeldungen, als ob die Sicherheit eines Geschöpfes dadurch größer würde, dass es sich und die ‚Brüder jenseits des Flusses‘ einmal, zwei- oder dreißigmal sterben lassen kann." Eine Vorstellung, die der Mutter von drei erwachsenen Kindern absurd erscheint und nachhaltig erschüttert. „Da sitze ich, modelliere Engelchen, die lustig musizieren und vom Frieden auf Erden singen. Und gleichzeitig bereiten die Bewohner dieser schönen Erde sich milliardenfachen Tod. Was würde Jesus wohl zu dieser ‚Verteidigung‘ sagen?"
Mit ihren Mitteln möchte Berta Kals, die viele Bombennächte erlebt und viel Elend gesehen hat, warnen. Die in dem Eifelort Steckenborn geborene wertkonservative Katholikin betont: „Ich bin keine politische Frau, ich sehe das vom christlichen Standpunkt aus." Aber sie hat Mut zu unkonventionellen Ideen und tut etwas. Sie setzt sich an den Küchentisch und schafft zeitkritische Krippen. In ihrem Brennofen glühte bei 900° C die „Raketenkrippe", für jeden der dreißig Weltuntergänge hat sie eine Rakete aus Ton modelliert, die das Jesuskind bedroht, das sich angstvoll verkrampft und die Augen zuhält. Die moralische und geistige Zerstörung unserer Welt, die das Gewaltdenken wechselseitiger Abschreckung angerichtet hat, wird durch das Trümmergestein ausgedrückt, auf dem das weinende Kind liegt. Es folgen Krippen zum Problem des Nord-Süd-Gefälles, zur Gefährdung der ökologischen Umwelt, eine „Krippe im Slum" oder die „verweltlichte Weihnacht", die das zarte Kind unter einem Geschenkberg begräbt. Rund 50 aktuelle Krippen sind entstanden. Darstellungen, die mahnen, aber keine Hoffnungslosigkeit ausstrahlen, denn da sind immer wieder die Kinder, die den Erwachsenen beispielhaft zeigen, was es heißt, friedvoll in einer Welt miteinander zu leben.
Anfangs war Frau Kals Ehemann skeptisch: Solche Krippen stellt doch keiner auf. Dafür ist die Öffentlichkeit noch nicht reif. „Dann muss man eben mithelfen, sie reif zu machen", beharrte sie damals. Sie sollte recht behalten. Heute reisen die im bescheidenen „Küchenatelier" entstandenen Tonkrippen um die Welt, sind in den USA, Südamerika, Afrika und in fast allen euopäischen Ländern zu sehen. Sie stehen in der Kathedrale von Conventry und in mehreren Museen. Sie werden in Kirchen gezeigt, dienen als Kristallisationspunkt in Gottesdiensten und ökumenischen Begegnungen. Sie haben Preise bekommen, darunter den Preis für Berufskünstler vom Bischof von Lüttich auf der Krippana und den „Bischof-Heinrich-Tenhumberg-Preis für vorbildliches Krippenschaffen".
Die Symbolik einer scheinbar naiven, doch zuletzt mitreißenden Hoffnungsfähigkeit löst kontroverse und leidenschaftliche Diskussionen aus. Manche der Visionen in Ton haben sich erfüllt. So die beiden 1982 modellierten „kalten Krieger" der „Entscheidungskrippe", ein amerikanischer und russischer Soldat, die Arm in Arm zur Krippe kommen und im Helm gemeinsam eine Friedenstaube tragen. Das Wort von der frommen Erbauung der Christen bekommt eine neue Bedeutung. Friede auf Erden all denen verheißen, die guten Willen haben. Das kann in unseren Tagen geschehen. Berta Kals hat einen neuen „Ton" angeschlagen. Sie glaubt: „Weihnachten als Geburtsstunde des Christentums könnte Anstoß sein, einen neuen Anfang zu wagen".
Heide Muth
Literatur: Ursula Kals, Anne-Marie Nagel: Mitten ins Herz gepredigt. Freude an Krippen. Aachen 1995
Entstehungsjahr: 1985
Figuren: 30 – 35 cm
Material: Ton
Gefertigt: Berta Kals, Aachen
Stilrichtung: orientalisch
Entstehungsjahr: 2001
Figuren: 15 bis 35 cm
Material: Ton
Künstlerin: Berta Kals Aachen
Entstehungsjahr: 1985
Figuren: 30 – 35 cm
Material: Ton
Gefertigt: Frau Berta Kals, Aachen
Karl-Heinz Exner
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